Donnerstag, 30. Oktober 2014

Camino de la Muerte / Todesstraße


17.10.-19.10.
Das Wochenende war wieder sehr ereignisreich was daran lag, das Ronja, eine Freiwillige aus Sucre, zu Besuch kam.
So machten wir uns am Samstagmorgen mit insgesamt 5 anderen Freiwilligen auf den Weg, um die 60 Km lange Todesstraße, „die gefährlichste Straße der Welt“, die von La Cumbre (4700 m) hinunter in die Yungas (1200 m) führt, mit dem Mountainbike hinunter zu fahren.

Nachdem wir alle unsere Schützer, Helme, Windjacken etc. anhatten ging es endlich los: Der erste harmlose Teil führte auf asphaltierter Straße durch eine raue Landschaft an schneebedeckten Bergen vorbei, was zwar kalt aber wunderschön war. So erreichten wir nach einigen Kilometer den eigentlich erst abenteuerlichen Teil: den Beginn der engen Schotterstraße, deren Abgründe einige hundert Meter tief sind. Bei dieser Abfahrt mit 3000 Meter Höhenunterschied sind jedoch nicht nur die Abgründe spektakulär, sondern auch die schnelle Veränderung der Vegetation und des Klimas. Ich hätte es oben echt nicht geglaubt, aber den unteren Teil fuhr ich tatsächlich im T-Shirt und unten angekommen erholten wir uns von unserem Abenteuer in einem Pool.

Wir gingen davon aus, das wir auf dem Rückweg – über die neue Straße mit dem Van zurück nach La Paz gemütlich schlafen konnten, doch aus irgendeinem Grund war die neue Straße gesperrt und wir mussten mit dem Minivan die alte Straße, die Todesstraße,  hochfahren. Wer den bolivianischen Fahrstil kennt, kann sich vorstellen, dass das für uns kein Spaß war. Doch irgendwie kamen wir alle wieder sicher in La Paz an –´wenn auch teilweise Barfuß, da die Überquerung eines Baches mit dem Mountainbike Einigen zum Verhängniswurde – und wir ließen den Tag noch gemütlich in einer Bar ausklingen.








Am nächsten Morgen fuhren Ronja, Maria und ich hoch nach El Alto (den riesigen Markt dort) und anschließend mit der Seilbahn wieder hinunter nach La Paz. La Paz hat seit diesem Jahr drei Seilbahnen (wie in Österreich beim Skifahren) und es sollen in den nächsten Jahren glaube ich noch 7 weitere gebaut werden, um das Verkehrschaos zu verringern. Dort besuchten wir das Valle de la Luna, ein Tal voller bizarrer Felsformatierungen am südlichen Stadtrand.

Valle de la Luna

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Präsidentschaftwahlen


Dass der letzte Blog-Eintrag schon über einen Monat zurück liegt, liegt nicht etwa daran, dass hier nichts passiert und ich nicht weiß worüber ich schreiben soll, es passiert schlicht einfach zu viel und ich merke gar nicht, wie schnell die Zeit rum geht. Dafür jetzt aber einige Informationen was die letzten Wochen so passiert ist:

2. Oktoberwochenende: Präsidentschaftswahlen
Während bei uns dezente Wahlwerbeschilder der Parteien aufgestellt werden, haben die Bolivianer eine etwas auffälligere Methode ihren Kandidaten zu unterstützen: Sie streichen jede freie Mauer, Hauswand etc. mit den Farben ihrer Partei oder ihrem präferierten Kandidaten an. Und da der amtierende Präsident Evo Morales (seit 2006 im Amt) der mit Abstand stärkste Kandidat ist, ist schon seit unserer Ankunft ganz La Paz blau-weiß gestrichen, bevorzugt mit dem Spruch „Con Evo vamos bien“ oder einfach nur „Evo“ oder „MAS“ (seine Partei).
Öffentliche Fernseh-Debatten oder ähnliches gab es vor der Wahl keine und die öffentlichen Auftritte der Kandidaten (fünf Stück) mussten Mittwoch vor der Wahl enden, sodass an diesem besagten Mittwoch jede Partei noch einmal eine riesen Wahlveranstaltung hatte, eine davon war direkt auf dem Platz vor meiner Haustür und hat mich ehrlich gesagt ein wenig an Karneval erinnert, da alle komplett in Rot rumgelaufen sind und sogar einige geschmückte Wägen die Avenida hoch und runter gefahren sind.
Auch in den Supermärkten sah man deutlich, dass die Wahl kurz bevorstand: 3 Tage vorher durfte nämlich kein Alkohol mehr verkauft werden und so war die komplette Spirituosenabteilung mit Absperrband abgesperrt. …Und falls irgendjemand all dies nicht hätte mitbekommen sollen, wäre ihm spätestens Samstagnacht aufgefallen, dass irgendwas anders ist als sonst, von 00.00 -20:00 Uhr am Sonntagabend durfte nämlich in ganz Bolivien nur noch für die Wahl autorisierte Autos fahren, sonst niemand. Deshalb verbrachte ich den Samstagabend auch gemütlich zuhause, nachdem ich nachmittags auf dem Tag der offenen Tür des Projekt „Kaya Children“ war, das sich um ehemalige Straßenkinder kümmert, und in dem eine Freundin von mir arbeitet.

Am Wahlsonntag bin ich mit meiner Gastfamilie zur nächsten Schule gelaufen und habe mir das Wahlprozedere mal angeschaut (es besteht Wahlpflicht, wer nicht wählt dem wird 2 Monate lang das Konto gesperrt bzw. für eine Strafe von 2000 Bolivianos (etwas mehr als 200€) kann man sein Konto wieder aktivieren). Zuerst einmal mussten wir draußen anstehen, damit wir überhaupt einmal auf den Schulhof kamen. Dort angekommen musste sich jeder in eine weitere Schlange stellen, um zu erfragen, in welchem Raum er wählen konnte – das Ganze war nach Nachnamen geordnet, aber da  jeder Bolivianer mindestens drei Nachnamen hat, wusste keiner so genau nach welchem die Liste ging und irgendwie musste dann auch fast jeder aus meiner Gastfamilie (Gastvater-, Mutter-, Oma-, Onkel) in einem andern Raum wählen. Nachdem also der Raum erfragt war, konnte sich jeder dort anstellen und bekam dann zum Abschluss eine tolle Karte (sogar mit Foto) die bescheinigt, dass derjenige gewählt hat (es besteht Wahlpflicht, wer nicht wählt dem wird 2 Monate lang das Konto gesperrt bzw. für eine Strafe von 2000 Bolivianos (etwas mehr als 200€) kann man sein Konto wieder aktivieren). Da die Straßen ja alle gesperrt waren, waren jede Menge Stände aufgebaut worden und wir saßen alle noch gemütlich zusammen um etwas zu essen, bevor jeder wieder nach Hause gelaufen ist.

Gegen Abend wurde dann das –nicht überraschende- Ergebnis verkündet: Evo Morales ist mit 61% der Stimmen wiedergewählt worden, im Hochland hatte er sogar an die 70 %. Und die anderen Parteien? Die hatten so wenige Stimmen, dass zwei sogar eine Strafe zahlen mussten und insgesamt nur 3 von 5 im Parlament vertreten sind.
So gab es – von der Amtsantrittsrede Evo´s einmal abgesehen - einige Dinge über die ich nur den Kopf schütteln konnte, doch die internationalen Beobachter waren alle sehr zufrieden und meinten, dass alles sehr demokratisch abgelaufen wäre.

(Ein kurzer Exkurs zu Evo Morales: Evo wurde 1959 in einem Andendorf geboren (gehört somit dem indigenen Stamm der Aymara an) und wuchs in größter Armut auf. Nach seinem Wehrdienst ging er in den Chapare, die größte Kokaanbauregion Boliviens und ist noch heute Führer der Bewegung für die Rechte der Coca-Bauern. Seit 1993 ist Morales Kongressabgeordneter und seit 2006 der erste indigene Präsident mit sehr großem Rückhalt der Bevölkerung. Morales gilt als kapitalismuskritisch und bezeichnete den Neoliberalismus als eine Erfindung von IWF und Weltbank, die dem einfachen Volk nur das nackte Überleben sichert. Im Juli 2006 begann Morales mit den Vorbereitungen für eine Verfassungsreform. Diese strebte eine Verstaatlichung der Bodenschätze, der Eisenbahn und der Industrie, eine Reform des damals liberal geprägten Wirtschaftssystems, eine Landreform und die Schaffung eines laizistischen Staats durch Abschaffung der Staatsreligion an. Außerdem förderte er die Rechte der indigenen Bevölkerung, gerade seine „Koka-fördernde-Politik“ führte jedoch dazu, dass sich das Verhältnis zu den USA stark verschlechterte).


"2015-2020 EVO-PRESIDENTE"

Schlangen vor dem Wahllokal


3. Oktoberwoche

Über die Woche gibt es nicht viel zu berichten, außer, dass ich nachdem ich Anfang Oktober endlich mein Visum abholen konnte diesen Mittwoch auch endlich mein Carnet de extranjeros bekommen habe, eine Art bolivianischer Personalausweis, und ich jetzt hoffentlich so schnell keine bolivarische Behörde mehr von Innen sehen muss.
Ansonsten hatten wir im Juancito Wesley noch einen Kindergeburtstag, zu dem nachmittags auch die Verwandten des Kindes kamen und Torte, Piñata und Süßigkeiten mitgebracht haben und wir jede Menge Spiele spielten. Da das Geburtstagskind eines unserer am weitesten entwickelten Kinder ist (was Sprache, Verhalten etc. angeht) und recht groß ist, ging ich davon aus, dass sie 5 Jahre alt wird. Als mir dann gesagt wurde, dass sie erst 3 wird war ich echt überrascht, vor allem weil die anderen 2-3 Jährigen ja entwicklungstechnisch genau so weit sein müssten. Aber man merkt deutlich, welche Kinder Eltern haben die sich um sie kümmern (und die dann beispielsweise am Geburtstag auch zu uns kommen) und welche dieses Glück leider nicht haben.

Was mir mittlerweile auch aufgefallen ist, und das erklärt auch warum viele kleine Kinder so schlecht spanisch sprechen, ist, dass die Großeltern oder zuhause vielleicht auch noch einige Eltern mit den Kindern Aymara sprechen.

Trotzdem kann ich jetzt schon viel mehr mit den Kindern spielen als anfangs, einige Brettspiele und unser selbstgebasteltes Memorie klappen ganz gut, ohne dass irgendein Kind sich alles schnappt und wegrennt, wie es im August noch der Fall war. Außerdem versuche ich öfter irgendwelche Bewegungsspiele oder simple Dinge wie „auf einem Bein durchs Zimmer hüpfen“, "Bälle prellen" oder ähnliches zu machen und mir ständig neue Dinge zu überlegen um die Kleinen auch ohne Fernseh bei Laune zu halten. Und da die Meisten mittlerweile gut auf mich hören und ich die spanischen Imperative aufgrund ständiger Übung inzwischen ohne großes Überlegen beherrsche, klappt das auch ganz gut. 








Dienstag, 7. Oktober 2014

Meine neue Arbeitsstelle


Da ich von Anfang an im Kindergarten nicht wirklich ausgelastet war, bzw. es einfach nicht so viele Möglichkeiten gibt was ich den ganzen Tag mit den Kindern machen kann und für mich die Zeit dort nicht so recht rumging, habe ich vor einiger Zeit angefangen mir andere Projekte anzuschauen. Letztendlich hat sich durch Zufall ergeben, dass ich jetzt (seit 3 Wochen oder so) bis Weihnachten halbtags am Goethe-Institut arbeite. 
Das Goethe-Institut in La Paz bietet neben Deutschkursen für jedes Niveau auch jede Menge kulturelle Veranstaltungen an und hat eine große Bibliothek.

Ich arbeite dort in der Kulturabteilung, das heißt ich erstelle hauptsächlich die wöchentlichen und monatlichen Newsletter, besuche Veranstaltungen und berichte dann auf der Homepage darüber und mache Übersetzungen.
Und ich kann immer bei Meetings für verschiedene Events dabei sein, was ziemlich interessant ist, gerade auch was die Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft angeht.
Außerdem leite ich zweimal die Woche einen Konversationskurs, zu dem jeder, der schon etwas besser Deutsch spricht zum üben kommen kann, und wir reden dann über irgend ein nettes Thema, hören deutsche Lieder an und sprechen über die Texte oder irgendsowas in der Art. Der Kurs macht mir ziemlich viel Spaß, vor allem erfahre ich auch viel über die Bolivianer, wenn wir irgendein Thema mit Deutschland vergleichen. Auch ist es mal eine nette Abwechslung nicht irgendwas auf Spanisch verstehen zu müssen sondern diejenige zu sein, die die anderen korrigieren darf :D
Gelegentlich habe ich auch Prüfungsaufsicht, was hauptsächlich dann interessant wird, wenn ich die ersten Arbeiten zurückbekomme und lesen kann, was die Kursteilnehmer so geschrieben haben. 

Mein Alltag sieht dementsprechend so aus, dass ich morgens zwischen 8:15 und 8:30 versuche einen Minibus zu bekommen der in die Innenstadt fährt, was um die Uhrzeit aber meist recht schwierig ist, da von dort wo ich einsteigen will schon alles voll ist oder nur in die falsche Richtung fährt. Je nachdem muss ich dann unterschiedlich weit laufen (zum Glück nur bergab) und fange um 9 Uhr mit der Arbeit an.
Um 1 Uhr ist ist es dann problemlos möglich zum Mittagessen nach Hause zu fahren und wenn ich danach in den Kindergarten komme, kann ich mich erst einmal auf einen Sturm von Umarmungen und Geplapper gefasst machen.
Mittlerweile sind mir die Kinder sehr ans Herz gewachsen, ich weiß was man mit welchem Kind machen kann und beispielsweise auch, welche man beim Puzzeln besser nicht nebeneinander setzt. Außerdem finde ich, dass vor allem die ganz Kleinen in den letzten Wochen echte Fortschritte gemacht haben was die motorischen Fähigkeiten und das Sprechen anbelangt. Ich versuche immer ganz viel zu reden und auch wenn die Antworten teilweise noch unverständlich sind, freue ich mich, dass einige mittlerweile überhaupt mit mir zu reden versuchen.
Gegen 5 komme ich dann nach Hause, montags und donnerstags muss ich dann recht bald schon wieder los zum Konversationskurs (um die Uhrzeit bin ich jedoch zum Glück in 15 min unten) bzw. wenn abends noch irgendwelche Prüfungen sind muss ich auch manchmal erst um 8 nochmal ans Goethe-Institut. 

 
So bin ich gut ausgelastet und habe vor allem einen super abwechslungsreichen Tag, morgens am PC, mittags mit den Kindern und mir macht beides sehr viel Spaß :)